Das Suchen und Finden neuer Proteinquellen für die menschliche Ernährung ist ein brandaktuelles Thema. Erst vor kurzem hat die EU die Zulassung und damit die Verwendung weiterer Insektenarten im Bereich der Lebensmittelherstellung bekanntgegeben. Das hat in der gesamten Medienwelt für viel Furore gesorgt – der Einsatz von Grillen und Co. in der Küche behagt schließlich nicht jedem. Doch warum den Umweg über Insekten gehen, wenn es doch auch andere Organismen gibt, deren Verzehr bereits gewohnt und sehr beliebt ist? Pilze und ihre Proteine könnten in dieser Frage einen wichtigen Beitrag leisten.
Sie enthalten viele gesunde Inhaltsstoffe und ihre Produktion ist nachhaltig und kreislauforientiert. Zudem bringen Pilzproteine zahlreiche neue Eigenschaften mit sich, die in verschiedenen Einsatzbereichen, vor allem aber im Lebensmittelbereich von großem Interesse sein könnten“, erklärte Karin Scholtmeijer von der Universität Wageningen auf der Jahrestagung des Bundes Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer e. V. (BDC) Ende 2022. Für die Herstellung von Proteinen aus Pilzen kann das Myzel ausreichen, denn dafür werden weniger Produktionszyklen und weniger Energie benötigt, es fällt deutlich weniger Müll an und es könnten deutlich mehr Arten sowie Substrate infrage kommen, die sich für die Produktion der Fruchtkörper zum Verzehr beispielsweise nicht eignen. Die Verwendung des Myzels ist dabei vielfältig. Es kann entweder allein oder als Myzel-Substrat-Gemisch Einsatz in der Lebensmittelbranche finden. Für die Produktion würde auch hier der Kreislaufgedanke ins Spiel kommen, denn hierzu könnten verschiedene Abfallmaterialien wiederverwendet werden, um das Myzel zu produzieren.
Wie viel Protein allerdings tatsächlich in Pilzen steckt, da ist sich die Wissenschaft noch nicht ganz einig. „Es gibt verschiedene Studien dazu. Die einen berichten von sehr niedrigen Proteinleveln, die anderen wiederum von sehr hohen. Das liegt sicherlich an den verschiedenen Messmethoden und den Unterschieden zwischen den Arten“, meint die Wissenschaftlerin. Auch sei nicht klar, wie viel Proteine in dem Myzel steckten und was ihr tatsächlicher Nährwert sei.
Mehr Stickstoff, mehr Protein?
Um dem Proteingehalt auf die Schliche zu kommen, haben die Wissenschaftlerin und ihr Team zahlreiche Versuche mit verschiedenen Pilzen und Substraten gemacht und die in den Myzelien enthaltenen Proteine analysiert. „Eindeutig zu sehen war, dass die Biomasseproduktion sich je nach Art und Substrat nterscheidet. Das bedeutet auch, die Wahl des Substrats bestimmt letztlich die Wahl der Pilzart.“ Eine ichtige Erkenntnis, denn wie die Ergebnisse auch zeigen, scheint der Porteingehalt mit der Biomasse zu korrelieren. Es gilt also die richtige Spezies und das richtige Substrat zu wählen, um die Biomasse und den
Proteingehalt zu beeinflussen. Was passiert aber nun, wenn zusätzlich Stickstoff hinzugegeben wird? Kann dadurch das Proteinlevel weiter gepusht werden? Das Forscherteam hat dazu die zehn besten Arten jedes untersuchten Substrates genommen und das Experiment noch einmal wiederholt – einmal in der Variante ohne zugegebenem Stickstoff und einmal mit. Die Ergebnisse sind vielversprechend.
So hatten die meisten Arten auf den meisten Substraten einen höheren XX nach der Zugabe von Stickstoff – manche sogar zehnmal so viel. „Da gilt es in künftigen Versuchen anzuknüpfen. Es wäre toll zu wissen, wie die Proteingehalte weiter erhöht werden können. Dazu gehört auch, weiter daran zu forschen, welchen Einfluss Stickstoff tatsächlich auf die Proteine und ihre Gehalte hat“, so die Wissenschaftlerin abschließend. Potenzial sieht sie in diesem Forschungszweig auch für die Kulturpilze. Denn vielleicht lassen sich aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen auch die Proteingehalte der Fruchtkörper von Champignons und anderen Kulturpilzarten erhöhen.