70 Jahre Wauwiler Champignons AG

Wauwiler_Champignons_AG

Am 20. Mai feierte die Wauwiler Champignons AG gemeinsam mit Partnern und Lieferanten sowie Gästen aus der Pilzbranche und Politik ihr 70-jähriges Bestehen. Bei sommerlichen Temperaturen empfingen Irene und Roland Vonarburg gemeinsam mit Therese Hirsbrunner die Gäste. Die Eltern von Therese Hirsbrunner starteten 1951 mit der Champignonproduktion in Biglen, Kanton Bern. Vor 35 Jahren verlegten Therese und Heinz den Betrieb nach Wauwil und legten den Grundstein für den Aufbau des modernsten Champignonbetriebes der Schweiz. 2003 übernahm Roland Vonarburg das Unternehmen und baute den Betrieb unter der Berücksichtigung einer ressourcenschonenden Produktion weiter aus. Zu den realisierten Projekten im Bereich Nachhaltigkeit gehören neben der Errichtung einer Klimaanlage mit Wärmerückgewinnung und der Regenwassernutzung auch eine Photovoltaikanlage sowie eine Kompogas-Anlage, die aus Pilzfüßen und damit Grünabfall Strom und Wärme produziert. Das Unternehmen konnte mit dieser Technik 2021 rund 140.000 Liter Heizöl einsparen.


Durch den abwechslungsreichen Wauwilerabend, mit einem bunten Mix aus Unterhaltung und Grußworten, führte Sascha Ruefer. „Wir möchten heute einen Stopp einlegen, gemeinsam zurückblicken und Danke sagen“, begrüßte Roland Vonarburg seine Gäste. Regierungsrat Guido Graf äußerte sich zu dem beeindruckenden Beitrag zur Nachhaltigkeit, den das Familienunternehmen leistet und wünscht eine erfolgreiche Zukunft. Für den Gemeindepräsidenten Ivo Kreienbühl sind die Wauwiler Champignons ein Stück Heimat. Heimat, die auch auf der Autobahn mit den bekannten grünen Lastwagen sichtbar ist.
Am Samstag feierten die Mitarbeitenden sowie deren Partner das Firmenjubiläum mit einem unvergesslichen Fest.

Der BDC gratuliert der Wauwiler Champignons AG ganz herzlich zum 70. Jubiläum und bedankt sich für die seit Jahrzehnten bestehenden Kontakte und guten Verbindungen, die vom gegenseitigen Austausch sowie zahlreichen Besuchen in den vergangenen Jahren geprägt sind.

Text: Wauwiler Champignons AG
Bild: Wauwiler Champignons AG

Interview mit Roland Vonarburg, Firmeninhaber und Geschäftsführer der Wauwiler Champignons AG


BDC: Herr Vonarburg, die Wauwiler Champignons AG feiert 2022 ihr 70. Jubiläum. Das ist eine sehr lange und spannende Zeit, auf die ihr Unternehmen zurückschauen kann. Was waren für Sie die Meilensteine, aber auch die Herausforderungen der letzten 70 Jahre, die besonders bewegt haben?

Roland Vonarburg: Ja, zu nennen ist da sicherlich, dass sich der Betrieb Mitte der Achtzigerjahre vom Kanton Bern in die Innerschweiz verlagert hat. Man hat im gleichen Atemzug ein neues Gebäude gebaut und das Stellagensystem eingeführt, was damals neu war – nicht nur für den Betrieb, sondern auch für die Schweiz. Das war für die damaligen Besitzer, die Familie Hirsbrunner, ein sehr großer Schritt und letztlich auch die Basis für alle Entwicklungen in den Folgejahren. Ich selbst bin jetzt knapp 30 Jahre dabei. Ich habe als Züchter hier angefangen. Ende der Neunzigerjahre ist dann leider Heinz Hirsbrunner verstorben und es galt die Nachfolge zu regeln. Mit dieser Zeit kam dann für mich persönlich in diesem Unternehmen ein großer Schritt, als ich mit gerade mal 27 Jahren das operative Geschäft übernommen und bereits einen Teil der Aktien gekauft habe. Eine weitere Entwicklung, der ein langwieriges Prozedere von gut acht Jahren vorausging, war der Erwerb von Land für den Bau der neuen Logistikhalle sowie der neuen Kühl- und Kulturräume im Jahr 2007. In der jüngsten Vergangenheit waren vor allem die Zukäufe verschiedener Firmen große Meilensteine. Vor allem der Kauf der FineFunghi AG 2017 und damit dann auch unser Einstieg in die Bio-Edelpilzproduktion ist da zu nennen.

BDC: Die Corona-Pandemie hat global für viele Veränderungen gesorgt. Welche Erfahrungen haben Sie als Schweizer Pilzbetrieb während dieser Zeit gemacht? Und hat Corona die Schweizer Pilzproduzenten nachhaltig beeinflusst?

Roland Vonarburg: Also ich glaube, das war bei uns ähnlich wie in Deutschland. Wir haben einen relativ hohen Anteil an Gastronomie. Das war gerade am Anfang der Pandemie und dem Lockdown ein großer Einbruch – und das auf einen Schlag. Dann kamen allerdings schon relativ bald die Zusatzmengen im Lebensmitteleinzelhandel dazu. Was uns auch geholfen, hat war das Schließen der Grenzen, das heißt, der Einkaufstourismus war dann nicht mehr möglich. Da gehen ja Milliarden über die Grenze, auch an Lebensmitteln. Das fiel damit alles weg. Damit hatten wir 2020 und 2021 ähnliche Steigerungen von rund 20 %, wie es vermutlich in Deutschland und den Niederlanden der Fall war. Ich sage immer, wir waren eigentlich die Gewinner in der Pandemie. Natürlich gab es auch Probleme, gerade beim Personal. Wir stellen leider jetzt fest, dass es wieder ruhiger geworden ist, sogar ziemlich. Es pendelt sich im Moment etwas über den Zahlen von 2019 ein. Dafür kommen jetzt andere Herausforderungen. Die Kosten gehen hoch, die Mengen gehen runter. Das ist nie eine gute Kombination.

BDC: Die deutsche Pilzbranche steht aktuell vor massiven Kostensteigerungen. Zu nennen sind da vor allem die Bereiche Energie, Arbeitslöhne, Verpackung sowie Logistik. Wie ist die Lage in der Schweiz? Sind Sie mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert?

Roland Vonarburg: Auch hier sind wir wahrscheinlich in derselben Lage wie die deutschen Produzenten. Wir beziehen Substrat aus den Niederlanden und Belgien, ebenso die Deckerden wie die deutschen Pilzbetriebe auch. Nur mit dem Unterschied, dass die Transportwege bis zu uns noch etwas länger sind. Bei den Energiepreisen ist es im Moment auch absurd, was da passiert. Das schlägt also genau gleich durch wie in Deutschland. Was hingegen im Moment kein Problem darstellt, sind die Mindestlöhne, die in Deutschland von staatlicher Seite aus erhöht werden. Wir haben hier schon etwa dreimal so hohe Löhne. Klar, auch die gehen bei uns noch aktuell etwas hoch, aber nicht staatlich geregelt. Was uns natürlich zu schaffen macht, ist der Fachkräftemangel. Das ist in der Schweiz allgemein ein großes Thema. Man hat schlichtweg in allen Branchen zu wenig Leute. Wir stellen uns die Frage, wo die Leute alle hin sind während der Coronapandemie. Die Gastronomie, die Hotellerie beziehungsweise der Tourismus allgemein haben zu wenig Leute. Auch an Handwerkern mangelt es. Alle suchen nach Fachkräften aktuell. Das ist definitiv eine große Herausforderung bei uns. Lediglich bei Saisonarbeitskräften sieht es bei uns im Moment sehr gut aus, auch aus dem Ausland. Da konnten wir jetzt in letzter Zeit einige neu einstellen.

BDC: Zu Ihrem Unternehmen gehören zwei Tochtergesellschaften, die sich der Bioproduktion von Pilzen verschrieben haben. Welchen Anteil haben Biopilze an der Gesamtproduktion Schweizer Pilze? Und wohin glauben Sie, geht der Weg der Schweizer Pilzbranche hinsichtlich bio/konventionell?

Roland Vonarburg: Mit Corona gingen die Mengen bei Champignons aus Bio-Produktion noch schneller hoch als die von konventionellen Betrieben. Wahrscheinlich lag es daran, dass die Menschen gesünder leben und kochen wollten während der Pandemie. Vielleicht wollten sie auch ihr Gewissen beruhigen oder hatten einfach Geld über und haben sich Bio deswegen geleistet, weil andere Aktivitäten kaum bis gar nicht möglich waren. Man weiß es nicht genau, was alles da reingespielt hat. Das führte auf jeden Fall dazu, dass der Bio-Anteil einfach noch mal höher ging, obwohl er davor schon auf hohem Niveau war. Wir sind im Moment bei Champignons jetzt so bei 17 bis 18 Prozent. Bei den Edelpilzen ist es im Lebensmitteleinzelhandel schon bei sicherlich 80 bis 90 Prozent, weil die das nicht parallel führen. Alle Betriebe, die Edelpilze dorthin liefern, haben praktisch schon auf Bio umgestellt. Es gibt also faktisch keine Schweizer Edelpilzproduzenten mehr, der nicht Bio produziert. Alles, was an konventionellen Edelpilzen verkauft wird, ist im Endeffekt Importware. Diese Ware geht dann oft in die Gastronomie, wo es günstiger sein muss. Um aber noch mal auf die Coronapandemie zurückzukommen: Auch bei den Edelpilzen war in dieser Zeit das Wachstum enorm. Der Kräuterseitling ist inzwischen Nummer eins. Wir stellen aber fest, dass der Shiitake ebenfalls wieder zunimmt, obwohl man ein paar Jahre immer wieder gesagt hat, dass er seinen Zenit längst erreicht hat.

BDC: Wo sehen Sie ihr Unternehmen in den kommenden Jahren? Welche Veränderungen stehen an?

Roland Vonarburg: Mit dem Kauf der Betriebstätte in Full-Reuenthal der Firma Kuhn Champignon AG jetzt ganz aktuell kommt ein weiterer Betrieb zu uns und damit die Sicherung dieser Produktionsfläche. Wir hatten einfach Respekt davor, wenn diese auch noch wegfallen würde. Die Kunden sind dann gezwungen, noch mehr Importware zu holen, was wiederum den Druck auf unsere heimische Produktion erhöht. Wir sind ja rund doppelt so teuer wie die europäische Produktion. Und letztlich wollten die Kunden das auch. Eigentlich haben wir diesen Kauf nicht aktiv gesucht, sondern es kam aus den genannten Gründen dazu. Was ich schon immer wieder in der Vergangenheit gesagt habe: Wir haben leider einen großen Investitionsstau momentan. Viele Traditionsbetriebe in der Schweiz haben in den vergangenen Jahren nicht investiert, dann kam die Frage der Nachfolge und damit die Tatsache, dass viele Investitionen getätigt werden müssten. Da wir jetzt einige dieser Betriebe übernommen haben und damit deren Investitionsstau, liegt es an uns, da etwas zu verändern. Aber wir sehen, dass viel Bewegung ist, gerade im Bau von neuen Betrieben und der Installation von neuen Systemen wie den Kippsystemen. Wir möchten also schon die nötigen und erforderlichen Investitionen tätigen, um weiterhin die Pilzproduktion in der Schweiz erhalten zu können. Das sind sicherlich die großen Herausforderungen der nächsten Jahre. Schließlich geht es ja auch darum, mehr an Effizienz in den Abläufen gewinnen und den Fachkräftemangel zumindest ein bisschen ausgleichen zu können. Vieles an Technik ist noch immer nicht ganz ausgereift. Aber sollte es so weit sein, werden wir da sicherlich auch noch mal einen großen Schritt machen.

BDC: Wie wichtig ist der Austausch zwischen der deutschen und Schweizer Pilzbranche?

Roland Vonarburg: Wir schätzen diesen Austausch sehr und pflegen diesen schon seit vielen Jahren in hohem Stil. Wir dürfen ja auch seit einiger Zeit immer wieder an den deutschen Tagungen teilnehmen. Und gerade die Gespräche dort mit unseren deutschen Gesprächskollegen schätzen wir sehr, weil in den vergangenen Jahren sehr viel in den Betrieben passiert ist und sie sehr innovativ sind. Mich interessiert zum Beispiel vor allem sehr, wie das mit dem Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland läuft, denn Aldi und Lidl gibt es in der Schweiz noch nicht sehr lange. Die Erfahrungen aus unserem Nachbarland sind daher besonders wichtig. Wenn es möglich ist, gehen wir die Betriebe auch besuchen und da stellen wir immer wieder fest, dass es immer offene Türen gibt – von beiden Seiten, was sehr schön ist. Manchmal fühlen wir uns wie ein deutsches Anhängsel (lacht).

Text: BDC
Bild: Wauwiler Champignons AG

Beitrag teilen:

Share on facebook
Facebook
Share on twitter
Twitter
Share on whatsapp
WhatsApp

Folgende Beiträge könnten Sie auch interessieren: