Von Champost bis Sphagnum-Moos: Auf der Suche nach Alternativen zu Torf in Deckerden

Von Champost bis Sphagnum-Moos: Auf der Suche nach Al-ternativen zu Torf in Deckerden

„Wir brauchen jede Idee und jede Forschung“, mit diesen Worten untermauert der BDC-Vorsitzende Hans Deckers die Situation, in der sich die deutschen Champignon-Produzent:innen in Bezug auf das Thema Torfersatz zurzeit befinden. Auf der 76. Jahrestagung des BDC Ende September in Lohne stellten die Unternehmen Legro und Kekkilä BVB ihre Ideen vor – inklusive der Vor- und Nachteile. Eines ist sicher: Die Alternativen müssen den Eigenschaften von Torf sehr nahekommen, um ihn ersetzen zu können.

Existenzen sichern

Die Vorgaben sind klar: Bis zum Jahr 2030 soll der gesamte deutsche Gartenbau aus der Torfnutzung aussteigen. Dass dies ein hochgestecktes und kaum erreichbares Ziel ist, machte auch die neue Gartenbau-Präsidentin Eva Kähler-Theuerkauf auf der Jahrestagung deutlich: „Wir brauchen dringend längerer Übergangsfristen und weitere Forschung in den Bereichen, wo eine Produktion ohne Torf bisher nicht möglich ist. Die Deckerden der Champignonproduktion sind ein solches Beispiel“, bekräftigte sie vor den rund 150 Teilnehmenden. Die Kultursicherheit der Ersatzstoffe sei existenziell für die Betriebe, aber auch deren Verfügbarkeit in den entsprechenden Mengen und Qualitäten.

Kultursicherheit gewährleisten

Ideen und Forschungen gibt es einige auf der Suche nach Alternativen zu Torf in Deckerden. Aber bringen die Alternativen auch die erforderliche Kultursicherheit mit sich? Eric Philipsen von der Niederländischen Legro Group und Guido Linders, Senior-Vizepräsident für den Handel von Kekkilä-BVB stellten die Versuchsergebnisse und Empfehlungen ihrer Unternehmen vor. Eines wurde deutlich: Die Herausforderungen liegen vor allen Dingen darin, die hervorragenden Eigenschaften des Schwarztorfes zu erreichen, insbesondere hinsichtlich des Speichervermögens für Feuchtigkeit, des Puffervermögens in Bezug auf pH-Wert und Nährstoffe sowie der geringen phytosanitären Risiken.

Futuro-Deckerde als Alternative

Eric Philipsen von der Niederländischen Legro Group stellte den Teilnehmenden die Futuro-Deckerde als eine mögliche Alternative vor. Sie ist erhältlich mit 10, 20 oder 30 Prozent alternativen Rohstoffen, die aus sterilisiertem Bochamp – verbrauchtem Pilzkompost – und Holzfasern bestehen. Diese habe sich bei Versuchen in den Jahren 2022-2023 gegenüber einem Alternativsubstrat mit einem Mais-Bestandteil durchgesetzt. So habe man die Futuro-Deckerde auf Basis von Champost im Februar 2024 eingeführt, berichtet der Vertriebsmitarbeiter für Pilzproduktion. Wichtig: Neben den erforderlichen Eigenschaften müssen auch folgende Bedingungen erfüllt werden: der CO2-Fußabdruck muss geringer als bei Torf sein, die langfristige Verfügbarkeit muss gewährleistet sein, das Substrat muss sicher und innerhalb von CE-Normen anwendbar sein – und nicht zuletzt ist ein gutes Preis-Leistungsverhältnis erforderlich.

Gute Ökobilanz

Der Produktionszyklus der Futuro-Deckerde hat nach Angaben von Philipsen eine gute Ökobilanz. So gelange der für die Produktion gelieferte Kompost nach der Verwendung wieder in den Upcycling-Prozess zurück und werde zu neuem Bochamp aufbereitet – wobei die entstehende Wärme ebenfalls genutzt werden könne. Nach nach dem Entsalzen entsteht unter Zugabe von Kalk, Holzfasern und Torf die Futuro-Deckerde. Die Vorteile von Bochamp als Alternative sind nach Auskunft des Legro-Mitarbeiters unter anderem die gute Verfügbarkeit, das Upcycling von Abfallprodukten und die guten physikalischen Eigenschaften. Die verwendeten Holzfasern haben Philipsen zufolge ein gutes Wasser- und Luftverhältnis, belasten die Umwelt nur gering und sind als nachwachsender Rohstoff langfristig verfügbar. Allerdings sei die Speicherkapazität für Feuchtigkeit begrenzt. Aktuell laufen weitere Forschungen und auch Feldversuche mit der Futuro-Deckerde. Nach Informationen des Legro-Mitarbeiters beliefert das Unternehmen derzeit eine Reihe von Kunden mit der Futuro-Deckerde. „Die Kunden sind sehr zufrieden und stellen keine Unterschiede in Qualität und Produktivität im Vergleich zu herkömmlicher Deckerde fest“, berichtete Philipsen.

Kreislaufgedanke bei der Rohstoffentwicklung

Auf der Suche nach neuen nachhaltigen und sicheren Alternativen für Torf ist auch das Unternehmen Kekkilä BVB. Nach Auskunft des Senior-Vizepräsident für den Handel, Guido Linders, ist der Druck auf die Produzent:innen hoch: Es werde erwartet, dass sie Torf aufgrund seiner guten Eigenschaften nutzen, auf der anderen Seite jedoch den Anteil alternativer Rohstoffe erhöhen, um das Produktionsvolumen und die Anforderungen an die Nachhaltigkeit zu erfüllen. Das Ziel von Kekkilä BVB sei, Rohstoffe als Basis zu verwenden, die erneuerbarer, recyclefähigerer und nachhaltigerer als Torf seien. Bereits in 2021 habe das Unternehmen rund 1,5 Millionen Kubikmeter Rohstoffe genutzt, die aus Kreislaufwirtschaft stammen. Bis 2027 soll der Einsatz dieser Rohstoffe verdoppelt werden.

Anbau von Schilf und Sphagnum-Moos

Als Tochtergesellschaft des staatlichen Torfunternehmens Neova hat die finnische Kekkilä-BVB große Flächen für die Entwicklung alternativer Rohstoffe zur Verfügung. In 2023 investierte die Neova Group in 800 Hektar eigene Anbauflächen von Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea). Diese soll in 2024 auf ehemaligen Torfanbauflächen verdoppelt werden. Ersten Ergebnissen zufolge eignen sich diese für die Produktion von Zier- und Beetpflanzen. Ein alternativer Rohstoff könnte Linders zufolge auch die Sphagnum-Kultur in früheren Moorgebieten sein. „Sphagnum ist ein erneuerbarer Rohstoff, der nachhaltig von degradierten Moorflächen geerntet werden kann. Von 2022-2024 hat die Neova Group rund 60 Hektar Kulturflächen für Sphagnum-Moos angelegt – ehemalige Torfproduktionsstätten, die wiederbewässert wurden.

Herausforderungen auf mehreren Ebenen

Linders machte auch deutlich, wie wichtig eine sichere Alternative zu Torf ist: „Kultursubstrate und Deckerde werden benötigt, um die Weltbevölkerung sicher und effizient zu ernähren“, sagte er in Lohne. Um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden zu können, müsse die Menge an Kultursubstraten und Deckerde um 332 Prozent steigen – einer Untersuchung der Universiät Wageningen im Jahr 2020 zufolge. Die weltweite Nachfrage nach Kultursubstraten werde sich in den kommenden Jahren vervierfachen. Kernaspekte seien eine verantwortungsvolle Beschaffung, eine sichere und effiziente Produktion, Lean & Green Logistics sowie eine wertvolle Zweitverwertung.

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