Pilze für Millionen:
Zwei Millionen Besucher, davon je 40 % aus den Niederlanden und aus Deutschland, werden auf der Floriade im niederländischen Venlo erwartet. Bis zum 7. Oktober ist der 66 ha große Park in der Grenzstadt noch zu sehen. Die „Welt-Garten-Expo“, so die eigene Bezeichnung, ist eine Mischung aus klassischer Gartenschau und Weltausstellung, die sich vorwiegend an ein Laienpublikum wendet. 15 % der Besucher, das schätzen die Veranstalter, werden Fachbesucher sein. Die Niederländer verstehen den Gartenbau als einen wichtigen Zweig der Industrie – entsprechend modern sind viele Präsentationen. Oft steht hier die Show im Vordergrund und weniger die eigentliche Kultur oder der Garten. Das gilt auch für die Pilze, die ihren Platz im Bereich „Education & Innovation“ gefunden haben. In diesem Bereich dreht sich alles um Aus- und Weiterbildung und um Innovationen. Wer Pilze in Kultur sucht, wird enttäuscht – diese Präsentation ist sehr viel raffinierter: Sie soll, und das erkennen Fachleute sehr schnell, Lust auf das Produkt machen.
In einem großen Gewächshaus finden sich im Eingangsbereich fünf überdimensionale Bälle. In jedem Ball lädt einer der Fachbereiche aus dem Gartenbau zu einem Spiel ein. Dort können Besucher auf dem Traktor-Simulator fahren – sehr beliebt bei Männern! – oder auf einem überdimensionalen Champignon ihre Reaktion testen – kommt vor allem bei jungen Leuten gut an. Ältere spricht diese eigentlich witzige Idee scheinbar weniger an. Die Ideen in diesem Teil der Präsentation belegen aber, was wichtig ist, um das heutige Publikum zu begeistern: Inhalte müssen spielerisch vermittelt werden um interessant zu sein.
Kernstück der Präsentation sind die Kochecke und die Probiertheke. An der Probiertheke wird frisches Gemüse, allen voran Tomaten, in vielen Sorten und Farben gezeigt und auch zum Probieren angeboten. Diese Theke zieht die Besucher magisch an, selbst an weniger gut besuchten Tagen schieben sich die Gäste neugierig – oder hungrig? – in Fünfer- oder Sechserreihen an der Theke entlang. Große Früchte werden aufgeschnitten und angeboten, Kirschtomaten oder Erdbeeren gibt es am Stück. An allen Früchten steht der Hinweis, dass man sie im Gartencenter im Eingangsbereich kaufen kann. Pilze sind bei diesem grünen Schlaraffenland nicht vertreten – vielleicht einfach deshalb, weil man sie selten roh isst.
Dafür stehen die Pilze an der Kochtheke im Mittelpunkt. Ständig bereiten Köche neue Gerichte zu und bieten sie in kleinen Häppchen an. Kein Wunder, das hier zum einen die Sitzmöbel in Champignon-Form ständig besetzt sind und sich dazu noch sehr viele Menschen dicht an die Theke drängen. Wer jetzt Lust auf ein leckeres Pilzrezept hat, bekommt das an der angrenzenden Wand. Dort sind 36 Rezepte übersichtlich in Abreißblöcken sortiert. Auf der Floriade sind Niederländisch, Deutsch und Englisch die Verkehrssprachen, die Rezepte gibt es auch noch in Französisch. Eine gute Idee, die mir vor allem wegen der Abreißblöcke gefallen hat – endlich mal eine Info-Verteilung, bei der nicht ständig lose Zettel herumliegen. Kochen ist zurzeit nicht nur in Deutschland eines der In-Themen schlechthin. Auf der Floriade zeigen die Gärtner, wie man so ein Thema einem großen Publikum präsentieren kann. Für die Präsentationen auf der nur in jedem 10. Jahr stattfindenden Floriade sparen und beraten die Fachgruppen übrigens bereits Jahre im Voraus.
Das Angebot zum Thema Pilze wird mit einer Beratungstheke ergänzt. Dort ist immer einer der Pilzanbauer zu finden, der den Besuchern Rede und Antwort steht. Auch einige Pilze, meist weiße und braune Champignons und ein oder zwei Exoten, werden dort gezeigt. Diese lebenden Pilze, das kann jeder sehen, der sich ein paar Minuten Zeit zum Beobachten nimmt, sind die Erfolgsgeheimnisse dieser Theke – ohne sie würde der Berater vermutlich viel Langeweile haben, so wird er ständig von neugierigen Besuchern nach Rat gefragt.
Fazit:
Die Floriade ist ein Muss – und das nicht nur, weil sie in kaum 10 Minuten Autofahrt von der deutschen Grenze aus zu erreichen ist. Die Niederländer zeigen auf ihrer Garten-Expo viele moderne Gestaltungs- und Gartenideen. Der Eintrittspreis ist mit 25,- € pro Person und 10,- € für Parkplatz und Shuttle-Service zum einzigen Eingangsbereich sicher kein Schnäppchen – aber wer sich einen Tag Zeit nimmt, kommt auch als Pilzfachmann sicher auf seine Kosten.
Text und Bilder: Christiane James