Wie wichtig ist Geschmack? – Wissenschaftliche Ergebnisse

Wie wichtig ist Geschmack?

„Geschmack ist die Gesamtheit aller Sinne – und die Summe aller Täuschungen“, mit diesen Worten brachte Prof. Dr. Fritz-Gerald Schröder seine spannenden Ausführungen zum Thema Geschmack auf den Punkt. Der Dozent von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden muss es wissen. Denn der Experte hat für seine Forschung einige interessante wissenschaftliche Ergebnisse zusammengetragen. Ende September 2025 stellte er sie den Pilzproduzenten auf der 77. BDC Jahrestagung in Leipzig vor.

Wie schmeckt die Zukunft? Ist Geschmack überhaupt wichtig? Wenn ja, welcher? Um sich über Geschmack unterhalten zu können, braucht es zuerst einmal eine Definition. „Geschmack ist ein komplexer Sinneseindruck“, erläuterte Professor Dr. Schröder, „der durch das Zusammenspiel mehrerer Sinne entsteht.“ Dazu gehörten neben dem Geschmackssinn auch der Geruchssinn, der Tastsinn sowie das Temperatur- und Schmerzempfinden. Die Einflussfaktoren auf den Geschmack sind laut Schröder zahlreich. Neben der Genetik und der Lebensweise spielten auch das Unterbewusstsein und die Lebensmittelproduzenten eine wichtige Rolle.

Wie entsteht „Geschmack“?

Geschmack entsteht zu 80 Prozent durch Riechen, erklärte der Fachmann. „Rund 300 Millionen Nervenzellen, 400 Geruchsrezeptoren und rund 10 Millionen Riechzellen sorgen beim Menschen dafür, dass wir riechen können.“ Das Geschmackszentrum liege im Zwischenhirn und habe kaum Verbindungen zum Sprachzentrum, weshalb sich Geschmack auch nur schwer beschreiben lasse. Beim Menschen sei das Geschmackszentrum im Vergleich zum Tier stark verkümmert. So hätten Hunde mit etwa 120 Millionen Riechzellen einen deutlich besseren Geruchssinn. Und das Riechen wird mit zunehmendem Alter nicht besser: Von rund 10.000 Geschmacksknospen beim Säugling bleiben später etwa 2.000 erhalten, im hohen Alter sind es sogar nur rund 700, erläuterte der Experte.

Und wie schmeckt man nun? Nach Auskunft von Professor Dr. Schröder schmeckt man mit der Nase beim Ausatmen. In einem Versuch sollten die Probanden Wasser und Kaffee am Geruch unterscheiden. Das Ergebnis: Wurden die Nasen der Probanden belüftet, konnten sie keinen Unterschied zwischen Kaffee und heißem Wasser schmecken. Auch die Farbe hat einen Einfluss. Ohne Farbe schmeckten die Probanden keinen Unterschied zwischen Rot- und Weißwein.

Süß, sauer, salzig, bitter und Umami

Neben den vier Geschmacksarten süß, sauer, salzig und bitter, schmecken wir noch Umami, was am ehesten mit herzhaft oder würzig beschrieben werden kann. Diese Geschmacksrichtung wird insbesondere durch Glutamat, dem Salz der Aminosäure Glutamin, hervorgerufen. Zu finden ist Glutamat unter anderem in fermentierten Lebensmitteln wie Miso oder Sojasauce, in Parmesan, Tomaten, aber auch in Pilzen wie Shiitake oder generell bei getrockneten Pilzen.

Auswirkungen auf den Geschmack hat auch der Zucker- beziehungsweise Säuregehalt. Enthält ein Lebensmittel viel Zucker und Säure, wird es generell als „gut oder intensiv schmeckend“ bewertet, mit nur wenig Zucker und Säure dagegen als fad und geschmacklos. Fastfood ist nach Ansicht des Experten „Kindesmisshandlung“. „Zucker und Fett wirken wie Rauschmittel, ein Menü einer Fastfoodkette deckt den Zuckerbedarf eines Kindes von fast fünf Tagen ab“, so Professor Dr. Schröder.

Ganz schön „tricky“: Die Kundenpräferenz

Geschmack wird nicht mehr allseitig ausgebildet“, informierte der Experte in Leipzig. Ein neues Produkt würde heute im Durchschnitt etwa zehnmal probiert, bevor man zur Beurteilung des Geschmackes komme. Die persönliche Situation habe einen großen Einfluss darauf. So können – möglicherweise erbliche – Geschmacksvorlieben eine Rolle spielen, Aversionen gegen bestimmte Geschmäcker zum Beispiel durch Essenszwang in der Kindheit, oder auch die Gewöhnung an bestimmte Empfindungen beziehungsweise Geschmäcker.

Wie findet man nun heraus, welcher Geschmack bei einem Lebensmittel ankommt oder bevorzugt wird? Dazu dienen sensorische Untersuchungen innerhalb einer geschulten Sensorikgruppe sowie in einem Konsumentenpanel mit sensorischen Fähigkeiten (die nur rund 7-10 % der Bevölkerung besitzen). Um in die geschulte Sensorikgruppe (deskriptives Panel) aufgenommen zu werden, gibt es ein strenges Auswahlverfahren. Unter anderem müssen 40 natürliche und 8 künstliche Gerüche erkannt werden, Farberkennung und sprachlicher Ausdruck sind darüber hinaus wichtig.

Zur Beurteilung des Geschmackes wird zudem die Profilanalyse des Lebensmittels herangezogen. So wurden beispielsweise unterschiedliche Tomatensorten am Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) in Halle untersucht. 54 Aromastoffe korrelierten positiv und negativ mit Geruch, Geschmack und Nachgeschmack. Das Ergebnis: Bei Tomaten wurde der Geschmack zu 46 Prozent durch den Reifegrad bestimmt, zu 29 Prozent durch die Sorte und zu etwa einem Viertel durch das Anbauverfahren, zum Beispiel die Kultur in Erde oder Hydroponik.

Wie beeinflussbar ist Geschmack?

Einen interessanten Versuch stellte Professor Dr. Schröder am Beispiel Bier vor. Die Probanden testeten fünf Biersorten mit Etikett nach Kundenpräferenz. Alle Biere waren aus dem Fernsehen bekannt, mit einem Werbebudget von 400 Millionen Euro pro Jahr beworben. Laut Professor Dr. Schröder hat die Mehrzahl der Probanden das Bier erkannt, was auf der Flasche stand. Alle Flaschen enthielten jedoch dasselbe PET-Flaschenbier aus dem Discounter.

Wir lassen uns also täuschen, insbesondere durch Werbung, Zusatzstoffe und unser Unterbewusstsein. Farben greifen in biochemische und biophysikalische Körperprozesse ein. Sie beeinflussen Herzrhythmus, Puls und Atmung, erzeugen Hitze, Kälte, Hunger und Durst. Farben wirken im Unterbewusstsein und wecken Erinnerungen, auch aus der Kindheit. Das Design verändert ebenso den Geschmack, wie wissenschaftliche Studien der Universität Wageningen und der Oxford University zeigten. Die Atmosphäre eines Raumes, die Beleuchtung, das Geschirr, die Materialien, die Musik, die Dimension und die Intimität eines Raumes wirken auf das Erleben des Geschmackes, erläuterte der Fachmann.

Fazit: „Es schmeckt oder es schmeckt nicht!“

Zusammenfassend lässt sich sagen, „es schmeckt oder es schmeckt nicht!“, so Professor Dr. Schröder am Ende seines Vortrages. Wer einen bestimmten Geschmack produziert, grenze seinen Markt ein und verliere Geld, da es im Lebensmitteleinzelhandel nicht in erster Linie um Geschmack gehe. Er prognostizierte den Einheitsgeschmack „Cola-like“, einen Geschmack, der nicht „anecke“. Bei Pilzen spiele der Geschmack eine eher untergeordnete Rolle. Wenn, dann wäre er über die Werbung zu transportieren. Und „unter 5 Grad Celsius ist der Geschmack sowieso vollkommen ausgeblendet, zumindest beim Bier“, sagte der Experte. Letztlich entscheide der Preis beim Kauf, auch wenn Kunden in Deutschland angäben, lokale und frische Produkte mit Geschmack zu präferieren.

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