„Ein Verbandsjahr wie noch nie“ – mit diesen einführenden Worten hat sich Bertram Fleischer, Generalsekretär des Zentralverbandes Gartenbau e. V. (ZVG), am 10. Dezember auf der ersten digitalen Vorstandssitzung des Bundes Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer e. V. (BDC) an die Teilnehmer gewandt. Das Coronavirus hat nicht nur gesamtgesellschaftlich viel verändert, sondern vor allem die Betriebsabläufe der gartenbau- und landwirtschaftlichen Unternehmen. „Für uns als Verband waren die vergangenen Monate eine große Herausforderung. Über allem stand die Frage: Was können wir tun, um mit dieser Situation umzugehen? Und vor allem, wie können wir unseren Betrieben Unterstützung bieten, sodass auch sie während dieser Phase trotzdem produzieren und verkaufen können?“, erklärte Fleischer.
Wichtige Schritte waren dabei die Berücksichtigung des Gartenbaus als systemrelevant, aber genauso die Aufnahme der Landwirtschaft und damit des Gartenbaus in die Ad-hoc-Hilfen des Bundes und die Aufhebung des Einreisestopps für ausländische Saisonarbeitskräfte. „Diese Erfolge wurden möglich durch eine sehr gute verbandsübergreifende Arbeit im engen Austausch mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung“, so der Generalsekretär weiter. Wie es vor dem Hintergrund der aktuellen Coronazahlen weitergeht und wie die Saison 2021 verlaufen wird, bleibt ungewiss. Aktuelle Themen wie die CO2-Bepreisung und Torfersatz tragen in diesem Zusammenhang nicht unbedingt zur Beruhigung innerhalb der Branche bei. „Wir haben das Gefühl, dass die Politik den Gartenbau bei diesen Themen aus den Augen verloren hat. Generell und besonders jetzt während der Pandemie, führen diese Themen weiterhin zu einer massiven Belastung der Betriebe. Wir bleiben in intensiven Gesprächen mit der Politik und werden Sie auch weiterhin bestmöglich unterstützen“, betonte Bertram Fleischer abschließend.
Ein Auf und Ab
Auf eine besonders harte Probe in der Coronazeit hat die Betriebe vor allem die Arbeitskräfteproblematik gestellt. Um den Mitgliedsbetrieben in dieser Hinsicht mehr Licht ins Dunkel zu bringen, hat der BDC Nicole Spieß, Geschäftsführerin des Gesamtverbandes der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände e. V. (GLFA) und Leiterin des Referats Sozialpolitik beim Deutschen Bauernverband e. V., eingeladen. In Ihrem Vortrag hat die Rechtsanwältin nicht nur einen Rückblick gegeben, sondern auch die aktuelle Rechtslage in Bezug auf ausländische Saisonarbeitskräfte anschaulich dargestellt.
„Um Sie gleich zu beruhigen, es bestehen im Moment keinerlei Einreisebeschränkungen für ausländische Saisonarbeitskräfte. Die Politik ist weiterhin bestrebt, die Grenzen offen zu halten“, machte Nicole Spieß gleich zu Anfang deutlich. Auch ein Transit beziehungsweise eine Durchreise durch beispielsweise Österreich und Ungarn sei weiterhin möglich, teilweise allerdings nur auf ausgewiesenen Routen in den jeweiligen Ländern.
Im Frühjahr war aufgrund eines Transitverbotes zahlreicher Nachbarstaaten sowie des Konzeptpapiers von BMEL und BMI eine Anreise der Arbeitskräfte nur per Flugzeug möglich. „Ich weiß, dass es für Sie nicht einfach ist, denn jede Woche tauchen neue Regelungen auf oder bestehende werden geändert. Bitte halten Sie die Vorschriften, ganz besonders die Arbeitsschutz- und Infektionsschutzregeln, weiter strikt ein. Sollten sich die Coronafälle auf landwirtschaftlichen Betrieben häufen, gefährden wir möglicherweise die bestehenden Regelungen zur Beschäftigung ausländischer Saisonkräfte, wie etwa die Möglichkeit der Arbeitsquarantäne nach der Einreise oder die Mehrfachbelegung von Unterkünften bei Arbeit in festen Teams“, betonte die Rechtsanwältin.
Die Verlängerung der Zeitgrenzen für eine kurzfristige Beschäftigung von drei auf fünf Monate hat die Beschäftigungssituation dieses Jahr zum Glück entlastet. Leider war sie bis zum 31. Oktober 2020 befristet und eine Verlängerung ist derzeit politisch nicht geplant. „Das werden wir aber sicherlich im neuen Jahr nochmal angehen, wenn die Coronalage weiterhin so angespannt ist wie jetzt.“
Pflicht oder nicht?
Für Arbeitskräfte, die im Moment aus Risikogebieten einreisen, besteht bundesweit eine zehntägige Quarantänepflicht, von welcher auch ein negativer Test bei Einreise nicht befreien kann. „Denn eine Infektion kann auch erst bei der Reise selbst erfolgen, sodass bei der Ankunft in Deutschland das Virus noch nicht nachweisbar wäre. Nach den neuen Quarantäneregelungen kann eine Quarantäne deshalb frühestens durch eine negative Testung ab dem fünften Tag nach der Einreise beendet werden“, erklärte Spieß. „Glücklicherweise besteht weiterhin die Möglichkeit der Arbeitsquarantäne. Diese gestattet es aus einem ausländischen Risikogebiet einreisenden Arbeitnehmern, unter bestimmten Voraussetzungen während der zehntägigen Quarantäne zu arbeiten.“ Wichtig ist dabei, dass die neu angereisten Saisonarbeiter in kleine Gruppen eingeteilt werden, die getrennt von den anderen Beschäftigten arbeiten und wohnen. Zudem dürfen sie in den ersten zehn Tagen den Betrieb in der Freizeit nicht verlassen – außer sie wurden ab dem fünften Tag nach der Einreise negativ auf das Coronavirus getestet. Vor der Arbeitsaufnahme muss der Betrieb die zuständigen Behörden, in der Regel Gesundheitsamt, Kreisverwaltungs- oder Ortspolizeibehörde, davon in Kenntnis setzen. Darüber hinaus besteht in einigen Bundesländern zum Teil eine Pflicht zur Durchführung eines Coronatests vor der ersten Arbeitsaufnahme eines Arbeitnehmers.
Richtig untergebracht
Bei der richtigen Umsetzung des Arbeits- und Infektionsschutzes sind die Vorschriften der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel zu beachten. Diese konkretisiert die Anforderungen nach den Verordnungen des Arbeitsschutzgesetzes. „Wenn Sie die Voraussetzungen der Arbeitsschutzregel einhalten, können Sie davon ausgehen, dass Sie alles richtig machen“, betonte Nicole Spieß. Im Anhang der Arbeitsschutzregel finden sich Sonderregelungen zur Beschäftigung und Unterbringung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft. Diese sehen vor, dass die Mitarbeiter grundsätzlich in Gruppen eingeteilt werden sollen, die zusammen wohnen und zusammen arbeiten (Prinzip ZWZA). Allerdings darf aktuell eine Arbeitsgruppe aus nur maximal vier Personen bestehen. Diese Zahl darf auf maximal 15 erhöht werden, wenn eingesetzte Technologien (Sortiermaschinen, Erntemaschinen etc.) dies erfordern.
Wird das Prinzip ZWZA eingehalten, können grundsätzlich bis zu acht Personen in einem Raum untergebracht werden, wenn dieser ausreichend groß ist (mind. 6 m2 je Arbeitnehmer, ab sieben Personen mind. 6,75 m2). Ist das Prinzip ZWZA nicht umsetzbar, so muss in Mehrbettzimmern die Belegung halbiert werden. „Ein Zimmer für vier Personen kann dann nur mit zwei Personen belegt werden“, erklärte die Rechtsanwältin. Sollte es im Betrieb trotz aller Maßnahmen zu Coronafällen kommen, gilt es, die betreffende Person und ihre Kontaktpersonen schnell zu isolieren und Kontakt mit dem Gesundheitsamt aufzunehmen. „Wer dann kein oder kein ausreichendes Hygienekonzept vorlegen kann, riskiert im schlimmsten Fall eine Betriebsschließung“, mahnte Nicole Spieß.
Ausblick 2021
Das neue Jahr startet mit einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Dieser steigt zum 1. Januar 2021 von aktuell 9,35 € brutto je Arbeitsstunde auf 9,50 € und ab 1. Juli 2021 auf 9,60 €. Weitere Erhöhungen zum 1. Januar 2022 auf 9,82 € und 1. Juli 2022 auf 10,45 € sind bereits beschlossen. Welche Regelungen hinsichtlich Einreise und Beschäftigung gelten werden, ist stark abhängig vom Pandemiegeschehen in den nächsten Wochen und Monaten. „Wir werden uns dafür starkmachen, dass eine Einreise von ausländischen Saisonarbeitskräften weiterhin möglich ist. Wir wollen keine Beschränkungen auf die Einreise mit dem Flugzeug und setzen uns auch weiterhin für eine erneute Ausweitung der kurzfristigen Beschäftigung ein. Denn es ist sinniger, die Personen, die dann bereits da sind, länger zu beschäftigen, als in Pandemiezeiten einen ständigen Wechsel an Arbeitskräften zu haben“, so Nicole Spieß abschließend.
Text: BDC
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